[ Pobierz całość w formacie PDF ]

kein Ding.«
Der trügerische Mondschein hatte die Formen der Bäume
verändert, hatte sie in Knochenschädel mit schwarzen Au-
gen verwandelt. Das Geräusch zweier Äste, die sich anein-
ander rieben, wurde zum schleimigen Röcheln eines Unge-
heuers. Trisha drehte sich unbeholfen im Kreis und versuch-
te, überall gleichzeitig hinzuschauen, ihre Augen rollten
dabei in ihrem schlammbedeckten Gesicht.
Es ist ein spezielles Ding, Trisha - das Ding, das Verirrten
außauert. Es läßt sie herumlaufen, bis sie richtig Angst
haben - weil Angst ihren Geschmack verbessert, weil sie
das Fleisch süßer macht -, und holt sie sich dann. Du wirst
schon sehen. Es kommt jeden Augenblick unter den Bäumen
heraus. Eigentlich schon in ein paar Sekunden. Und wenn
du sein Gesicht siehst, wirst du verrückt. Könnte dich
jemand hören, würde er glauben, daß du schreist. Aber
du wirst lachen, nicht wahr? Denn das tun Verrückte, wenn
114
ihr Leben endet, sie lachen ... und sie lachen ... und sie
lachen.
»Hör auf, es gibt kein Ding, es gibt kein Ding im Wald, hör
endlich auf damit!«
Das flüsterte sie mit atemloser Schnelligkeit, und ihre Hand,
die den Stumpf des abgestorbenen Asts hielt, umklammerte
ihn fester und fester, bis er mit einen lauten Knall abbrach,
der an eine Starterpistole erinnerte. Dieses Geräusch ließ sie
zusammenfahren und einen kleinen Schrei ausstoßen, aber
zugleich beruhigte es sie auch. Schließlich wußte sie, was
das gewesen war - nur ein kleiner Ast, den sie abgebrochen
hatte. Sie konnte noch Äste abbrechen, sie hatte die Welt
noch soweit im Griff. Geräusche waren nur Geräusche, und
Schatten waren nur Schatten. Sie konnte sich ängstigen, sie
konnte auf diese eklige Verräterin von einer Stimme hören,
wenn sie wollte, aber es gab kein
(Ding spezielles Ding)
in den Wäldern. Es gab wildlebende Tiere, und hier draußen
fand in diesem Augenblick bestimmt das alte Fressen-oder-
gefressen-werden-Spiel statt, aber es gab kein Di...
Es gibt etwas.
Und es gab etwas.
Als Trisha jetzt alle Überlegungen einstellte und unwill-
kürlich den Atem anhielt, wußte sie, daß es hier etwas
gab. Sie wußte es mit schlichter kalter Gewißheit. Es gab
irgendwas. Keine fremden Stimmen in ihrem Innern sag-
ten ihr das, sondern ein Teil ihres Ichs, den sie nicht
verstand, ein spezieller Satz verborgener Nerven, der in der
Welt von Häusern und Telefonen und elektrischer Beleuch-
tung vielleicht ruhte und erst hier draußen in den Wäldern
aktiv wurde. Dieser Teil konnte nicht sehen, konnte nicht
115
denken, aber er konnte fühlen. Und jetzt fühlte er etwas in
ihrer Nähe.
»Hallo?« rief sie zu den Mondschein-und-Knochen-Gesich-
tern der Bäume hinüber. »Hallo, ist dort jemand?«
In dem Motelzimmer in Castle View, das er auf Quillas
Wunsch mit ihr teilte, saß Larry McFarland im Schlafanzug
auf der Kante des einen Bettes und hatte seiner Exfrau den
Arm um die Schultern gelegt. Obwohl sie nur ein hauch-
dünnes Batistnachthemd anhatte und er sich ziemlich si-
cher war, daß sie nichts darunter trug, und obwohl er seit
gut einem Jahr keine sexuelle Beziehung zu etwas an-
derem außer seiner linken Hand gehabt hatte, empfand
er kein Begehren [jedenfalls kein drängendes Begehren).
Sie zitterte am ganzen Leib. Für ihn fühlte sich das an, als
sei jeder Muskel ihres Rückens von innen nach außen
gekehrt.
»Da ist nichts weiter«, sagte er. »Bloß ein Traum. Ein
Alptraum, mit dem du aufgewacht bist und der dir dieses
Gefühl zurückgelassen hat.«
»Nein«, sagte Quilla und schüttelte so heftig den Kopf, daß
ihr Haar sanft an seine Wange schlug. »Sie ist in Gefahr.
Das spüre ich. In schrecklicher Gefahr.« Und sie begann zu
weinen.
Trisha weinte nicht, nicht jetzt. In diesem Augenblick hatte
sie zu viel Angst, um zu weinen. Irgendwas beobachtete sie.
Irgend etwas.
»Hallo?« rief sie nochmals. Keine Antwort ... aber es war
da, und es bewegte sich jetzt, unmittelbar hinter den Bäu-
men am rückwärtigen Rand der Lichtung, bewegte sich von
links nach rechts. Und als ihr Blick sich nur dem Mond-
schein und einem Gefühl folgend mitbewegte, hörte sie aus
116
der Richtung, in die sie blickte, das Knacken eines Zweiges.
Und ein leises Ausatmen ... oder etwa doch nicht? War das
vielleicht nur ein Windhauch?
Du weißt's besser, flüsterte die kalte Stimme, und das
stimmte natürlich.
»Tu mir nichts«, sagte Trisha, und jetzt kamen die Tränen.
»Was du auch bist, bitte tu mir nichts. Ich tue dir bestimmt
nichts, bitte tu mir auch nichts. Ich ... ich bin nur ein Kind.«
Ihre Knie wurden weich, aber Trisha fiel nicht hin, sondern
sackte eher in sich zusammen. Noch immer schluchzend
und am ganzen Leib vor Entsetzen zitternd, verkroch sie
sich wie das kleine, wehrlose Tier, zu dem sie geworden war,
wieder unter dem umgestürzten Baumstamm. Fast ohne es
zu merken, flehte sie weiter darum, verschont zu bleiben.
Sie griff nach ihrem Rucksack und zog ihn wie einen
Schutzschild vors Gesicht. Starke, heftige Panikattacken
schüttelten ihren Körper, und als wieder ein Zweig knackte,
diesmal näher, schrie sie gellend. Es war noch nicht auf der
Lichtung, aber beinahe. Beinahe.
War es in den Bäumen? Bewegte es sich durch das Gewirr
aus Zweigen? War es etwas mit Flügeln wie eine Fleder-
maus?
Sie spähte zwischen ihrem Rucksack und der Wölbung des
schützenden Baums nach draußen. Sie sah nur ein Gewirr
aus Zweigen vor dem mondhellen Himmel. Dazwischen
war kein Lebewesen - zumindest keines, das ihre Augen
erkennen konnten -, aber im Wald war es jetzt totenstill
geworden. Keine Vögel riefen, keine Käfer summten im
Gras. [ Pobierz całość w formacie PDF ]

  • zanotowane.pl
  • doc.pisz.pl
  • pdf.pisz.pl
  • janekx82.keep.pl