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aus humanitären Gründen die Rede, und der größte Teil derer,
die diesen Exodus stoppen wollen, weil er unerträglich werden
könnte, führt ökonomische und demographische Argumente an,
nicht etwa rassistische. Aber alle Theorie wird zunichte vor der
schleichenden Intoleranz, die jeden Tag mehr um sich greift. Die
rohe Intoleranz gründet sich auf einen kategorialen Kurzschluß,
den sie jedem zukünftigen Rassismus als Leihgabe anbieten
kann: Wenn einige der in den letzten Jahren nach Italien
gekommenen Albaner Diebe und Prostituierte geworden sind
(was stimmt), dann sind alle Albaner potentielle Diebe und
Prostituierte.
Dieser Kurzschluß ist um so schrecklicher, weil er für jeden
von uns eine ständige Versuchung darstellt - es genügt, daß uns
auf dem Flughafen eines beliebigen Landes der Koffer gestohlen
worden ist, und schon behaupten wir, daß man den Bewohnern
jenes Landes nicht trauen dürfe.
Noch einmal, die schlimmste Intoleranz ist die der Armen, die
immer die ersten Opfer der Verschiedenheit sind. Unter den
Reichen gibt es keinen Rassismus. Die Reichen haben höchstens
die Doktrinen des Rassismus produziert, die Armen produzieren
seine Praxis, die viel gefährlicher ist.
Die Intellektuellen können gegen die rohe Intoleranz nichts
ausrichten, denn vor dem rein Animalischen, das kein Denken
kennt, ist das Denken wehrlos. Und wenn sie gegen die doktri-
nale Intoleranz kämpfen, ist es zu spät, denn sobald die
Intoleranz zur Doktrin gerinnt, ist sie nicht mehr zu besiegen,
und die es tun müßten, werden zu ihren ersten Opfern.
Und doch liegt hier die Herausforderung. Erwachsene Men-
schen, die aus ethnischen und/oder religiösen Gründen
aufeinander schießen, zur Toleranz erziehen zu wollen, ist
Zeitvergeudung. Zu spät. Die rohe Intoleranz muß an der
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Wurzel bekämpft werden, durch eine permanente Erziehung, die
im zartesten Alter beginnt, bevor sie zu einer Doktrin gerinnt
und bevor sie eine zu dicke und harte Verhaltenskruste wird.
3. Das Untolerierbare
Es gibt Fragen, die einen ärgerlich machen können, wie wenn
man gefragt wird, was passiert sei, kaum daß man sich auf die
Zunge gebissen hat. »Was denkst du darüber?« wird man in
diesen Tagen ständig gefragt, in denen alle (außer ganz weni-
gen) über das Urteil gegen Priebke dasselbe denken. Und die so
fragen, sind beinahe enttäuscht, wenn man dann antwortet, daß
man selbstverständlich empört und bestürzt ist, denn im Grunde
stellt jeder dem anderen die Frage in der Hoffnung, eine
Antwort zu hören, die seine Empörung und Bestürzung ein
wenig verringert.
Man schämt sich fast, darüber zu reden, sich auf so billige
Weise allgemeine Zustimmung zu erwerben, als Virtuose unter
Virtuosen in einem Parteienspektrum, das von der Rifondazione
Comunista bis zur Alleanza Nazionale reicht. Als hätte das
römische Militärgericht fast alle Italiener endlich dazu gebracht,
einer Meinung zu sein. Wir stehen alle auf der richtigen Seite.
Und wenn die Affäre Priebke nun über den alles in allem doch
ziemlich öden Einzelfall (ein straflos gebliebener Verbrecher,
ein feiges Gericht) hinausginge und uns tiefer beträfe, indem sie
uns suggerierte, daß auch wir nicht unschuldig sind?
Betrachten wir das Geschehene noch einmal aus der Perspek-
tive des geltenden Rechts. Nach geltendem Recht hätte Priebke
vielleicht zu lebenslänglicher Haft verurteilt werden können,
aber juristisch gesprochen kann man nicht sagen, daß sich das
römische Militärgericht unbegreiflich verhalten hätte. Es ging
um einen geständigen Verbrecher, der ein grauenhaftes Verbre-
chen begangen hatte, also mußte man prüfen, ob es mildernde
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Umstände gab, wie es jedes Gericht tun muß. Nun, es waren
finstere Zeiten, Priebke war kein Held, sondern ein armseliger
Feigling, und selbst wenn ihm die Außerordentlichkeit des
Verbrechens bewußt geworden wäre, hätte er Angst vor den
Folgen einer Weigerung gehabt; er hat fünf Menschen zusätzlich
getötet, aber wenn man im Blutrausch ist, wird man bekanntlich
zur Bestie; er ist zweifellos schuldig, aber statt lebenslänglich
geben wir ihm eine langjährige Gefängnisstrafe; dem Recht ist
Genüge getan, die Verjährung tritt ein, beenden wir ein leidvol-
les Kapitel. Hätten wir nicht auch über Raskolnikow so geurteilt,
der eine alte Frau erschlagen hatte, und das ohne militärische
Rechtfertigungen?
Wir sind es, die den Richtern das Mandat erteilt haben, nach
geltendem Recht zu verfahren, und jetzt setzen wir ihnen einen
moralischen Anspruch entgegen, eine Leidenschaft. Worauf sie
erwidern, daß sie Männer des Rechts sind und keine Killer.
Auch viele der Einsprüche drehten sich um die Auslegung des
geschriebenen Rechts. Priebke mußte den Befehlen gehorchen,
so will es das Militärrecht eines im Krieg befindlichen Landes.
Nein, es gab auch in Nazi-Deutschland Gesetze, die ihm
erlaubten, sich einem unrechten Befehl zu entziehen, und
außerdem mußte er nicht nach dem Militärrecht verurteilt
werden, denn die SS war ein freiwilliges Polizeikorps. Aber die
internationalen Konventionen gestatten die Durchführung von
Repressalien. Ja, kann man antworten, aber nur im Falle eines [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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